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Journal > Gera: Meterspur in Ostthüringen

OnTour Gera - Teil 1: Langsam in Richtung Osten


Bild Mit dem SchönesWochenendeTicket auf dem Weg nach Gera. Das kann bei einer Strecke von über 500km schon mal etwas dauern...

Das OnTour Gera, Zwickau und Plauen startete an einem Sonntag. Etwas außergewöhnlich, aber dies hatte ich bewusst so gelegt, damit ich bei drei Städten auch jeweils Wochentage vor Ort haben würde. Nachdem ich mit dem NachtExpress (der in meiner Heimat sonntags noch bis 9 Uhr verkehrt) zum Hauptbahnhof gefahren war, ging es mit dem NRW-Express zunächst nach Paderborn. Wie man es von einem Sonntagmorgen erwarten konnte, war dort wenig los, sodass sich kaum Fotos ergaben. Ich setzte die Reise also fort. Es ging mit einem Talent der NordWestBahn via Altenbeken weiter an die südöstliche Landesgrenze nach Ottbergen, wo Anschluss an die Regionalbahn nach Göttingen in Niedersachsen besteht. Die Fahrt ging alles andere als schnell voran, aber was erwartet man auch schon von eingleisigen Strecken im Dieselbetrieb und dem SchönesWochenendeTicket.

Gegen Mittag erreichte ich Göttingen und begab mich erst einmal im Hauptbahnhof zum Mittagessen, denn die anstehende Fahrt sollte eine der längsten meines noch jungen Lebens im Auftrag des NVPs werden. Ich fuhr mit dem RegionalExpress von Göttingen via Erfuhrt nach Gera. Unterm Strich bedeutet das gute 2,5 Stunden in einem Regioswinger zu verbringen und dabei ganz Thüringen vorbeirauschen zu sehen. Leider stellte sich heraus, dass diese Verbindung bei den Niedersachsen offenbar sehr beliebt ist. So musste ich die ersten 30 Minuten der Fahrt auf dem Boden verbringen (Das ist nicht im übertragenen Sinne gemeint, sondern gilt auch für meine menschlichen Begleiter). Aber Gott sei Dank konnte ich am ersten Zwischenhalt vom ersten Zugteil in den zweiten wechseln, wo noch ein paar wenige Sitzplätze zu finden waren. Die restliche Fahrt verlief reibungslos und ohne großartige Sichtungen. Gegen Nachmittag erreichte ich meinen ersten Zielort auf diesem OnTour: Gera.

Da ich natürlich wieder einmal top vorbereitet war, wusste ich sofort, wie ich zu Fuß vom Hauptbahnhof zu meinem Hotel käme. Leider hatte Google mir vorher nicht gesagt, dass Gera relativ hügelig sein kann. Nichts desto trotz erreichte ich das Hotel. Aber was ist das? Die Türe war verschlossen. Also rief ich die Notfall-Nummer an, die sich auf einem Zettel an der Türe befand und kurze Zeit später kam auch schon ein Mitarbeiter herbeigeeilt und lies mich in das Hotel eintreten.

Nach dem obligatorischen ersten Zimmercheck kaufte ich mir eine 4er-Fahrkarte und begab mich zur zentralen Umstiegshaltestelle „Heinrichstraße“ in der Stadtmitte. Dort treffen sich fast alle Linien an einer kombinierten Bus/Straßenbahn-Insel. Hier gelangen mir dann auch meine ersten Fotos dieser Tour. Mittlerweile war es dunkel geworden und ich begab mich nach dem Abendessen wieder zurück ins Hotel, denn die Fahrt hatte mich doch sehr gestresst.

Tag 2…

Die Nacht war ruhig und erholsam, doch der Blick aus dem Fenster lies nichts Gutes erahnen. Es war weiß und nass und das, was vom Himmel fiel war weder richtiger Schnee noch Regen. Ich taufte es also „Schnegen“. Dieses Wort sollte DAS Wort der Tage in Gera werden, was ich aber bis dato noch nicht ahnte. Gegen halb 9 startete ich dann meine Rundfahrt. Zunächst ging es mit der Linie 3, welche die längste und wichtigste Linie des Netzes ist, in Richtung Norden zur Haltestelle „Berufsakademie“.
Von diesem Punkt aus zweigen einige Buslinien in die Vororte ab und dienen somit als klassische Zubringer zur Tram. Als erstes erkundete ich die Linie 22, welche in den Ort „Hain“ fährt. Diese Strecke hat es auch gleich in sich: Der bemitleidenswerte Fahrer durchquert innerhalb von 10 Minuten vier mal den selben Kreisverkehr. Dabei schafft er es den Kreisel genau zwei mal zu umrunden.

Wieder zurück an der „Berufsakademie“ ging es dann mit der Linie 29 in den Ortsteil „Hermsdorf“. Auch diese Strecke ist sehr interessant, denn sie führt teilweise über eine Kopfsteinpflasterstraße mitten durch Felder, typisch Osten halt. Auch von dieser Tour kehrte ich zum Ausgangspunkt zurück und begab mich anschließend mit der Tramlinie 3 zur nördlichen Endstation „Bieblach Ost“. Leider war der „Schnegen“ mittlerweile so start geworden, dass bei diesem Besuch keine guten Aufnahmen gelangen. Ich fuhr also wieder zurück zum zentralen Knoten „Heinrichstraße“.

Nach dem Mittagessen beschloss ich, dass es keinen Sinn mehr hätte noch weitere Streckenäste zu besuchen, da das Wetter nicht viel besser wurde. Der Tag endete also mit einer Fahrt zurück zum Hotel und einem Abend vor dem Fernsehgerät.

Aber wir hatten ja noch einen weiteren Tag zur Verfügung.

Das Geraer Rathaus

Ein NGT8D auf der Linie 1 trifft den Schleifwagen an der zentralen Haltestelle ''Heinrichstraße''

Ein KT4D auf der Linie 3 passiert das Stadtmuseum

Idylle mit Schnee an der Endstelle Hain

Hausumfahrung am Marktplatz in Langenberg

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OnTour Gera - Teil 2: Ungeahnte Schätze


Bild Am zweiten Tag meines Aufenthalts in Gera war mir ein Blick hinter die Kulissen des Betriebshofs gegönnt. Dort fand ich ungeahnte Schätze längst vergangener Straßenbahn-Geschichte.

Der Tag startete im Vergleich zum vorherigen ohne „Schnegen“. Allerdings hatte es die ganze Nacht über so sehr geschneit, dass die ganze Stadt unter einer nicht gerade dünnen, weißen Decke lag. Ich machte mich sofort auf den Weg.

Die erste Etappe dieses Morgens führte mich erneut mit der Linie 3 zur nördlichen Endstation „Bieblach-Ost“, denn dort waren mir am Vortag bedingt durch das Wetter keine guten Aufnahmen gelungen. Nachdem ich das notwendige Material gesammelt hatte setzte ich mich wieder in die Tram und fuhr fast die gesamte Strecke in Richtung Süden, bis zur Haltestelle „Fußgängerbrücke“ am Gleisdreieck im Stadtteil Lusan. Hier trifft die Linie 3 auf die Linie 2, welche ausschließlich im Süden Geras zwischen „Bahnhof Zwötzen“ und „Lusan/Zeulsdorf“ verkehrt. Auch von dieser Örtlichkeit gelangen mir gute Aufnahmen.

Zu Fuß ging es dann die wenigen Meter entlang der Strecke der Linie 2 bis zum Betriebshof der GVB, denn dort hatte ich für 10 Uhr einen Termin mit Herrn Waldenmaier, der mir im Vorfeld dieser Reise zugesichert hatte mir in einer einstündigen Führung den Betriebshof zu zeigen. Gleich nach der Rettung in die geheizte Verwaltung und die anschließende Begrüßung stellte sich heraus, dass Herr Waldenmaier bestens über den ÖPNV meiner Heimat Bescheid wusste. Er war bereits selbst in Oberhausen und Mülheim unterwegs.

So gingen bereits gute 20 Minuten dafür drauf, dass wir fachsimpelten, warum Straßenbahnbetriebe im Osten Deutschlands trotz schwieriger Situation gut laufen und man in NRW nur noch oder sehr oft, an Stilllegungen denkt.

Anschließend begannen wir unseren Rundgang durch den Betrieb in der ersten von zwei Wagenhallen. Ich staunte nicht schlecht, als ich feststellen musste, dass nur ein einziger Wagen als Reserve zur Verfügung steht. Man erklärte mir, dass man so die Kosten möglichst gering hält, denn alle Wagen, die nicht gebraucht werden, werden konsequent ausrangiert, sodass keine Unkosten durch abgestellte Fahrzeuge entstehen. Normalerweise sollte von jedem Fahrzeugtyp, also Tatra KT4D, Tatra KTNF8 sowie NGT8G je ein Fahrzeug als Reserve bereitstehen, aber man trickst in Gera sehr gut, indem einfach nur ein KT8NF bereitgestellt wird. Dieser bietet Hochflur und Niederflur zugleich.

Nach diesem ersten indirekten „Schock“ ging es weiter in die zweite Wagenhalle. Dort stehen einige Arbeitsfahrzeuge und die Oldtimer. Zu dem wohl interessantesten Fahrzeug gehört ein Anhänger, der an den Schleifwagen gekuppelt werden kann und mittels eines Tanks auf der Ladefläche das Rasengleis (übrigens mit Regenwasser) bewässert. Das nenne ich mal gute Pflege im Vergleich zum „Unkrautgleis“, das man mancherorts in NRW vorfindet.

Und dann begann die Schatzsuche in den Hallen der GVB: Herr Waldenmaier informierte mich darüber, dass bedingt durch den schmalen Fahrzeugpark die Mitarbeiter der Werkstatt natürlich nicht gerade dauerhafter Auslastung unterliegen. Um aber nicht in die Kurzarbeit zu verfallen oder gar Mitarbeiter nach Hause schicken zu müssen hat sich die GVB Gera darauf spezialisiert für andere Verkehrsunternehmen aus Deutschland und auch für einige Museen und Privatleute, Straßenbahnen zu reparieren, instand zu setzen oder gänzlich zu restaurieren.

Das erste Gastfahrzeug stand auch gleich am Ende der Wagenhalle: Ein alter GT6 aus Heidelberg mit Wagennummer 227. Gespannt was mich noch für Oldtimer in Gera erwarten würden, betrat ich dann die Werkstatt. Auch dort fand sich wieder ein Fahrzeug aus Heidelberg. Es handelte sich um Wagen 44, der hier gänzlich entkernt und restauriert wird.

Ein paar Meter weiter fand sich dann sogar ein Fahrzeug aus meiner Heimat. Ein alter T2 der Straßenbahn Hagen. Dieses Fahrzeug war für damalige Verhältnisse schon sehr modern, denn er besaß als einziger Wagen in NRW schon die typischen Düwag Falttüren, sowie Chopper-Steuerung mittels Befehlsgeber.

Nach diesem Fund meinte Herr Waldenmaier, dass ich demnächst immer raten solle, aus welcher Stadt das Fahrzeug kommt. Er meinte, dass dies wesentlich spannender sei. Beim nächsten Fahrzeug war dies aber schon gar nicht so leicht. Aber nach dem Hinweis, dass es vom kleinsten Straßenbahnbetrieb Deutschlands stammt, war klar, dass es sich um den alten Wagen 17 der Ring-Straßenbahn Naumburg handelt.

Zum Ende des Werkstattbereiches hin fand sich dann noch ein Schätzchen, mit dem wohl keiner gerechnet hätte, da man dieses Fahrzeug nirgends mehr in Deutschland sehen kann: Ein Beiwagen vom Typ V7BE der 1978 stillgelegten Hamburger Straßenbahn. Dieser wird in Gera ebenfalls restauriert und geht dann wieder zurück in das „Traffiken Museum“ nach Dänemark, wo der Wagen auf einem großen Museumsnetz noch heute seine Runden dreht.

Nach einem kurzen Lauf durch den Schnee betrat ich dann eine weitere Halle. Das dort aufgebockte Fahrzeug konnte ich leicht enträtseln, da seine Farbgebung sehr markant war: Es handelte sich um einen 8-Achser aus Darmstadt. Dieser wurde nach einer Flankenfahrt mit einem Artgenossen auf einer Weiche nach Gera verfrachtet um hier begutachtet und repariert zu werden.

Im Anschluss an diese Halle ging es in die Lackiererei. Im Spritztunnel stand ein einzelnes stählernes Gerippe. Das war unmöglich zu enträtseln, aber nach einem Blick auf das Schild stellte sich heraus, dass es ein Oldtimer der Straßenbahn Stuttgart war.

Nach einem Gang durch den Pflegetrakt endete dann schließlich an der Einfahrt unser Rundgang durch den GVB Betriebshof. Aus der einst eingeplanten Stunde waren mittlerweile fast zwei Stunden geworden. Aber wer hätte auch vorher ahnen können, dass man ausgerechnet in Gera eine solch vielfältige Fahrzeugauswahl finden würde...

An dieser Stelle nochmal ein großes Dankeschön an Herrn Waldenmaier für sein Engagement.
Alle Fotos vom Betriebshof findet ihr hier.

Von der Haltestelle vor dem Werkstor ging es dann wieder zu Fuß zurück zur Haltestelle „Fußgängerbrücke“, wo ich ja bereits gegen Morgen schon einmal Fotos gemacht hatte. Weiter ging es mit der Linie 3 zur Haltestelle „Lusan/Brüte“. Dort gibt es eine Schleife, in der der 5-Minuten-Takt gebrochen und jede zweite Fahrt endet. Bei dem Aufenthalt vor Ort entstand dann auch unser Bild des Monats April.

Mit dem nachfolgenden Kurs der Linie 3 begab ich mich dann bis zum südwestlichen Endpunkt in „Lusan/Zeulsdorf“. Hier endet jeder zweite Kurs der Linie 3, sowie alle Fahrten der Linie 2.

Auch dort ergaben sich einige schöne winterliche Motive in der Schleife, bevor es dann die Strecke zurück bis zur Haltestelle „Lusan/Laune“ ging. Hier war ein Ausstieg noch einmal Pflicht, denn ich hatte noch kein Foto der Buslinie 15, welche in diesem Stadtteil verkehrt. Nachdem dieses Vorhaben gelungen war, setzte ich mich nun selbst in die Linie 2 und fuhr die kurze Strecke bis zum Bahnhof Zwötzen und ohne Aufenthalt direkt mit der Buslinie 16 weiter zur Schleife Zwötzen, die sich wenige Kilometer weiter befindet und wo die Linie 1 endet.

Dort angekommen fand sich auch schon die nächste Kuriosität des Tages: Ein Tatra KTNF8 auf der Linie 1. Dies ist insofern etwas besonderes, da auf der Linie 1 eigentlich nur NGT8G eingesetzt werden sollen.

Über den zentralen Knotenpunkt „Heinrichstraße“ und einem dortigen Mittagessen ging es dann noch die Linie 1 weiter gen Norden. Denn was wäre eine Foto-Tour in eine Stadt, ohne den dortigen Hauptbahnhof abgelichtet zu haben. Dieser ist im Straßenbahnnetz der GVB auch gleich etwas besonderes. Er liegt in einem Trog bzw. die Haltestelle selbst liegt unter der Brücke der Gleise.

Und dann war auch schon der Zeitpunkt gekommen, an dem ich Thüringen den Rücken kehren sollte. Nach der Rückkehr zum Hotel schnappte ich mir meinen Rucksack und begab mich erneut zum Bahnhof. Dort setzt ich dann mein OnTour mit dem RegionalExpress in Richtung Zwickau fort. Es ging das erste Mal nach Sachsen...

Euer Norbert

Fortsetzung
Wagen 44 aus Heidelberg wird hier komplett entkernt und restuariert

Oldtimer der ehem. Straßenbahn Hagen

Beiwagen der 1978 stillgelegten Hamburger Straßenbahn

In der Lackiererei

Arbeits- und Gerätewagen der GVB Gera - wird auch zum Wiedereingleisen von Straßenbahnen genutzt

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